Frau Waldvogel, zur Einleitung eine relativ offene Frage zu Beginn: Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen aus Ihrer Sicht beim Thema Nachhaltigkeit?
Vera Waldvogel: „Den Einklang von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen zu erreichen ist eine Challenge. Alle Aspekte haben ihre Daseinsberechtigung und müssen beachtet werden. Unternehmen müssen wirtschaftlich erfolgreich sein, um ein verlässlicher Arbeitgeber zu sein. Gleichzeitig spielen soziale Aspekte eine wesentliche Rolle, um nicht nur ein verlässlicher, sondern auch ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Und selbstverständlich muss auch das Personalmanagement seinen Beitrag zu den ökologischen Zielen des Unternehmens leisten, beispielsweise über eine Förderung des ÖPNV.“
Wie stehen Sie zu der Aussage, dass Mitarbeitenden-Themen zunehmend zu Nachhaltigkeitsthemen werden?
Vera Waldvogel: „Ein interessanter Gedanke und ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und behaupten: Mitarbeitenden-Themen sind Nachhaltigkeitsthemen. Beispiele hierfür sind: die Anfahrtswege ins Büro, ein Bio-Mittagstisch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder die Reduzierung des Co2-Fußabdrucks. Auch die Implementierung von Personalentwicklungsmöglichkeiten, z.B. auch unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung, sowie die Diversität in der Mitarbeiterschaft sind Themen im Sinne der Nachhaltigkeit.“
Sie haben die Diversität auch innerhalb der Belegschaft angesprochen. Wie kann Nachhaltigkeit bei der Personalauswahl aussehen?
Vera Waldvogel: „Das würde ich in zwei Ebenen unterteilen: Der Auswahlprozess an sich kann möglichst digital stattfinden, um Papier einzusparen und Reiseaufwand zu minimieren. Rein digitale Auswahlverfahren sind im Rahmen der Coronapandemie erstmals aufgetaucht und haben sich zumindest in Teilen bewährt. Die zweite Ebene wäre tatsächlich die explizite Beachtung von Diversity in der Personalauswahl. Hier legen wir großen Wert darauf, unsere Bewerberinnen und Bewerber tatsächlich so auszuwählen, dass das persönliche Profil bestmöglich auf die zu besetzende Stelle passt, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, Alter oder sexueller Orientierung.“
Stichwort „Greenwashing“: Wie schaffen es Unternehmen, dass sich Mitarbeitende mit nachhaltigen Maßnahmen identifizieren?
Vera Waldvogel: „Dazu ist es zunächst einmal wichtig, Verständnis zu schaffen und Wissen aufzubauen. Es müssen Ressourcen geschaffen werden, um die Wichtigkeit des Themas auch unternehmensseitig entsprechend zu untermauern. Die Umsetzung sinnstiftender Maßnahmen, die idealerweise auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebbar sind, die Vorbildfunktion übernehmen und auch als ernst gemeint wahrgenommen, hilft bei der Identifikation mit den Nachhaltigkeitsthemen.“
Was ist in puncto Nachhaltigkeit Ihre wichtigste, persönliche Message im Personalbereich?
Vera Waldvogel: „Authentizität ist eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg. Die Grundhaltung muss dann auch über entsprechende Maßnahmen zum Ausdruck gebracht werden.“
Das Thema „Frauen in Führungspositionen“ wird heiß diskutiert. Nach wie vor gibt es deutlich weniger weibliche Führungskräfte als männliche. Sie selbst sind eine Frau in Führungsposition. Wie ist Ihre persönliche Einschätzung dazu?
Vera Waldvogel: „Ich glaube, dass eine weitere gesellschaftliche Entwicklung in vielen Bereichen notwendig ist. Aber auch Haltung und Selbstverständnis sind wichtige Voraussetzungen für den Weg in eine Führungsposition, das können wir als Arbeitgeber aber auch aktiv fördern. Generell müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, um auch Frauen eine Führungsposition zu ermöglichen, z.B. verschiedene Arbeitszeitmodelle, Möglichkeiten der Kinderbetreuung, etc.“
Stichwort „Wir in der Region“: wie sind die wesentlichen Kennzahlen der VR Bank als Arbeitgeber in der Region?
Vera Waldvogel: „Wir haben zum Stichtag 31. Dezember 2022 145 Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Zu demselben Stichtag haben 14 junge Menschen aus der Region ihre Berufsausbildung bei uns absolviert.“
Lebenslanges Lernen und persönliche Weiterentwicklung sind auch wichtige Bestandteile eines ganzheitlichen Personalmanagements. Wie bringt sich die VR Bank in diesen Bereichen ein?
Vera Waldvogel: „Wir bieten die Chance zum selbstbefähigten Lernen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen erkennen, dass die Notwendigkeit besteht sich selbst stetig weiterentwickeln zu wollen, um weiter arbeitsmarktfähig zu sein. Wir leben in einer sehr dynamischen Welt mit schnellen Weiterentwicklungen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung. Als VR Bank Ravensburg-Weingarten eG stellen wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Lernplattform Masterplan zur Verfügung. Gleichzeitig bekommen alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der normalen Arbeitszeit die Chance, selbstverantwortlich zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Wir geben dem Thema als Raum zur Entfaltung. Mit der angedachten Fusion wird es dann auch noch weitere Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung geben.“
Frau Waldvogel, herzlichen Dank für das Gespräch.
